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3. Top organisiert und müde glücklich

Sowohl Clémence als auch Stéphanie hatten ihre Ankunft im EFD-Projekt nicht in allerbester Erinnerung. Deswegen wollten sie bei mir anders vorgehen. Keine Möglichkeit geben, mich einsam und verloren zu fühlen, das war ihre Devise. Und es klappte! ;-)

 

Am Donnerstag holten wir den Schlüssel für mein Zimmer im Studentenwohnheim ab, kümmerten uns um organisatorische Dinge am Campus, kauften einige dringende Wichtigkeiten im riesengroßen Supermarkt etwas außerhalb der Stadt (mit Induktionsplatten hatten wir nicht gerechnet…), gingen zu Fuß den Weg vom Zimmer zum CRIJ, kauften mein Jahresticket für die Öffis, eröffneten ein französisches Bankkonto und gingen schließlich ins Büro, wo mich Clémence den Kollegen vorstellte und mir die Einrichtung zeigte.

 

Inzwischen war mein Konzentrationslevel ziemlich gesunken und mein französisches Informationsaufnahmepensum restlos ausgenutzt. Doch irgendwie trotzdem noch voll motiviert ließ ich mir einige kleine Geschäftchen zeigen und den Stadtplan erklären. Anstatt mich nach diesem Tagesprogramm ausgepowert in die Straßenbahn zu setzen, schlenderte ich zu Fuß meinen Weg Richtung Campus entlang. Und es war definitiv die richtige Entscheidung!

 

Die Sonne zeigte sich sehr großzügig willkommenheißend und tauchte die Stadt in ein warmes Licht. Verzückt fand ich mich plötzlich in der zentralen gotischen Kirche wieder, deren Turm einen rettenden Wegweiser in jeder verlaufenen Notsituation darstellt. Es war angenehm kühl drinnen, ein paar Touristen fotografierten die bunten Glasfenster und ich bestaunte die hübsche, sonnenbestrahlte Orgel. Das Highlight des Tages bestand schließlich im Durchqueren des Schlossparks und Campus. Da beide auf einem bescheidenen Hügel liegen, bot sich mir ein wunderbarer wolkenloser Anblick auf die Altstadt und das Château.

 

Ich genoss jeden einzelnen Schritt und spürte, dass der Zeitpunkt des Dauergrinsers nun gekommen war. Niemand sonst setzte so verzückt und andächtig einen Fuß vor den anderen. Scheinbar hab ich die Gruppe von Studenten, die im Park Slacklines gespannt hatten, etwas zu breit angelächelt – denn sie schauten mich an und fragten mich freundlich etwas aus der Ferne. Doch ich war so in meiner eigenen Welt versunken, dass ich nichts verstanden hatte, zumal sie ja auch nicht wussten, etwas langsamer und „schöner“ mit mir sprechen zu müssen. Als ich dann auch noch frische, hellbraune, im Sonnenlicht glänzende Kastanien fand war ich rundum zufrieden.

 

Ich betrat mein noch kahles Zimmer und machte mich sodann an die Arbeit, es wohnlich einzurichten. Gewand, Reiseführer, Handtücher, Teller, Schuhe, Stifte, Gastgeschenke, Regenhose, Laptop, bunte Fotos, der Blumenstock, den mir Clémence geschenkt hatte, alles sollte einen anständigen ehrwürdigen Platz finden. Als ich das erste Gepäckstück auspackte, strahlte die Abendsonne freundlich durchs Fenster. Beim Einräumen der Küchenutensilien erfreute ich mich am zügigen Sonnenuntergang. Während ich die Fotos aufklebte, war es Nacht geworden. Ja, da war es dann auch Zeit für mich, ins Bett zu gehen, nach so vielen Eindrücken und diesem beglückenden Tagesausklang.

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