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9. Meine Gast"familie"

Hier in Caen fühle ich mich als ausländische junge Person wirklich willkommen - Einerseits, weil Caen einfach eine lebendige Studentenstadt ist, andererseits, weil es sehr viele attraktive Angebote für uns Internationals gibt. So nennt sich auch eine weitere dieser Organisationen (Asso CQ2 hab ich schon durch das Multikulturelle Abendessen beschrieben), welche sich um uns internationale Studenten/ EFDler/ … kümmert, „Bienvenue à Caen“, also „Willkommen in Caen“. Man muss sich zuerst im wunderbar eleganten Rathaus inskribieren, bevor man dann eine Gastfamilie für ein Jahr zugeteilt bekommt. Danach lebt man allerdings nicht in dieser Familie, sondern man trifft sich mindestens einmal im Monat zum Essen und macht dann verschiedenste Aktivitäten oder Ausflüge.

 

Ja, letzten Sonntag hatte ich mein erstes Treffen mit meiner Gast“familie“. Warum ich Familie unter Anführungszeichen schreib? Weil es eigentlich nur eine Gast„frau“ ist ;-) Also sie heißt Chantal, lebt allein und freut sich jedes Jahr, einen jungen Menschen hin und wieder zu treffen. Ich muss aber noch dazusagen, dass auch ihre Nachbarsfreundin (ups, peinlich, mir fällt ihr Name grad echt nicht mehr ein) bei unserem ersten Treffen dabei war und dieses mit ihrer direkten, unkonventionellen, durchgeknallten Art ordentlich aufgepeppt hat!

 

Das (Achtung, ich übertreibe nicht!) fünfgängige Menü ließ sich definitiv blicken und ich ließ es mir schmecken. Eingeleitet wurde unser Festmahl natürlich mit einem „entrée“, in diesem Fall Sekt und dazu Mini-Brot-Häppchen in verschiedensten Farben und Geschmacksrichtungen mit Apfelmus und Streichwurst, Frischkäse und Lachs sowie Käse mit Erbsen. Darauf folgte „la salade“, fein säuberlich getrennt in Karottensalat, Krautsalat, Rote Rüben, Paprika und grüne, gelbe und rote Tomaten. Dann war es Zeit für die Hauptspeise: Pot au feu. Chantal erklärte mir, dass man das Rindfleisch auf ganz ganz kleiner Stufe ganz ganz lange in einem großen Topf kochen muss. Im richtigen Augenblick kann man dann Kartoffeln, Karotten, Lauch, Zwiebeln, Knoblauch, Nelken, Salz und Pfeffer dazugeben. Normannischer Rotwein ergänzte unser „plat principal“. Inzwischen waren schon mehr als 2 Stunden vergangen und mein Hunger absolut gestillt. Doch fertig mit dem Essen waren wir noch nicht! Jetzt war der „fromage“, Käse, an der Reihe. Das erhaltene Stück Baguette reißt man in mehrere Stücke (Bröseln absolut erlaubt, und nein, man schneidet Baguette nicht!) und sucht sich dann einen schmackhaften Käse dazu aus. Camembert steht dabei natürlich ganz oben auf der Liste, sind wir hier denn nur 60 km vom Ort Camembert (196 Einwohner!!) entfernt. Nach diesen Leckereien konnte ich mich echt nicht entscheiden, ob ich mich auf die Nachspeise freuen sollte oder nicht. Doch Gott sei Dank brachte Chantal als „dessert“ einen wunderbar bunten Obstsalat. Hui, darüber freute ich mich sehr! Während wir dann beratschlagten, was wir an dem angebrochenen Nachmittag noch machen sollten, beendete Chantal unser Mahl dann noch mit einer Tasse Kaffee für jede.

 

Nachdem wir uns (Gratulation!) dann doch nach einigen Stunden mal von unseren Sesseln erhoben hatten, traten wir unseren Verdauungsspaziergang in die erstaunlich grüne, zur Zeit sogar gelb-orange-rot-braun-grüne, Umgebung von Caen an. Wir waren rundum zufrieden, genossen meine mitgebrachten Mozartkugeln auf einer Brücke mit fantastischer Aussicht und trafen Rotkäppchen im Tannenwald. Am Rückweg kletterten wir alle drei kurzerhand über das verschlossene Tor eines sehr liebevoll gepflegten Spielplatzes und erfreuten uns an den kreativen Spielgeräten und den Eseln am angrenzenden Feld. Dass wir ganze zwei Stunden unterwegs waren, fiel mir erst auf, als ich bei Chantal angekommen auf die Uhr schaute…. Und da sonntagabends kein geeigneter Bus mehr fährt, wurde ich nach diesem Festschmaus mitsamt Verdauungsspaziergang und einer Vielzahl verrückter Anekdoten dann auch noch bis vor die Haustür heimkutschiert.

 

Super, dass es Menschen gibt, die sich mit so unkomplizierten Methoden um die Integration von uns jungen Internationals kümmern und echt vielen Leuten eine Freude damit machen! Danke :-)

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