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11. Die kleinen Freuden des Lebens

Es ist leicht, über große Veranstaltungen, im Kalender notierte Daten und andauernde Projekte zu schreiben. Denn die sind das Rahmenprogramm. Aber wie wäre das Leben doch düster und langweilig, wenn nicht dazwischen immer mal wieder so richtig merk-würdige Situationen und einprägsame Ereignisse passieren würden.

 

Jetzt bin ich – auf den Tag genau – schon ein ganzes Monat hier in Caen. Hin und wieder gerate ich in Situationen, die eindeutig beweisen, dass ich nicht nur eine Touristin bin, sondern schon längere Zeit hier in dieser Stadt verbracht habe.

 

  • Ich freue mich, wenn ich durch die Stadt gehe und plötzlich mir bekannte Menschen treffe.
  • Ich freue mich, wenn mich Touristen ansprechen und ich ihnen auf meinem mir immer treuen Stadtplan die gesuchte Sehenswürdigkeit zeigen kann.
  • Ich freue mich, wenn ich im Büro am Geräusch erkenne, wer die Treppe herunterkommt.
  • Ich freue mich, wenn ich um Punkt neun Uhr vor der Bürotür stehe, weil ich meinen Arbeitsweg schon minutengenau einschätzen kann.
  • Ich freue mich, wenn ich die Möwen in der Früh ihre Runden fliegen sehe.
  • Ich freue mich, wenn ich mich warm eingepackt zum Rand des Sportplatzes setze, begleitet von den letzten Sonnenstrahlen mein Vokabelheftchen aufschlage und nebenbei die Läufer beobachte.
  • Ich freue mich, wenn ich – als glaube ich leider eine der wenigen – zur Bettlerin an der Ecke „bonjour“ sage.

 

Manchmal klappt einfach alles genau so, wie man es sich vorgestellt hat. Manchmal klappt es aber auch so, wie man es sich ganz sicher nicht vorgestellt hat. Dann ist es eigentlich noch viel toller.

 

  • Ich hab mich gefreut, als ich das frisch gelernte Vokabel, das mir eigentlich überhaupt nicht sinnvoll erschien, schon wenige Stunden später anwenden konnte.
  • Ich hab mich gefreut, als ich bemerkte, dass das bei Weitem billigste Müsli alle anderen in jeglicher wohlschmeckender Hinsicht übertrifft.
  • Ich hab mich gefreut, als ich die zum Wegwerfen viel zu schaden Camembertschachteln zu Schüsselchen für meine Haargummis umfunktionierte.
  • Ich hab mich gefreut, als ich den Besenstiel quer über den Heizkörper und die Sessellehne legte, und ihn so als Wäscheleine benutzen konnte.
  • Ich hab mich gefreut, als ich die größere Pita zum Preis der kleineren bekam, weil die kleinen schon alle von anderen Leuten verspeist waren.
  • Ich hab mich gefreut, als ich heute, nachdem ich bemerkt habe, dass ein Brief für mich im falschen Postkasten lag, einen echt genialen Trick fand, um ihn unversehrt und unbemerkt durch den wahnsinnig dünnen Einwurfschlitz ins Freie zu befördern.
  • Ich hab mich gefreut, als ich von der Verkäuferin am Markt zu meinem ganzen echt günstigen Obstsackerl noch drei Handvoll Nüsse dazubekam.
  • Ich hab mich gefreut, als ich in meiner Stammbäckerei einen Korb mit Mehlspeisen vom Vortag zum halben Preis entdeckte.
  • Ich hab mich gefreut, als ich hoch im Ansehen einer Französin gestiegen bin, die gemeint hat, es sei ja sehr bewundernswert, dass ich neben Französisch, Englisch und Österreichisch auch noch Deutsch spreche. [ich hab sie ausnahmsweise mal nicht aufgeklärt :D ]

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