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39. Österreichischer Besuch #3

Von einer Welt in die nächste: Gerade noch war ich in einem Jugendzentrum im Nachbarort, wo ein europäischer Nachmittag veranstaltet wurde, sprich, wir EFDler haben mit den Jugendlichen traditionelle Gerichte aus unseren Ländern gekocht, ein paar Vokabeln in die verschiedenen Sprachen übersetzt, kleine Spielchen gespielt und einfach bissl gequatscht. Und plötzlich stand meine Familie vor mir.

 

Vier Leute kamen zur Tür rein, 20 Augenpaare starrten uns an, wurden Zeugen unseres Umarmungsspektakels nach fast einem halben Jahr. Also gut, auf ins Auto und ab geht’s in Richtung unseres kleinen Häuschens fernab jeglicher Zivilisation, das wir für die kommende Woche gebucht hatten. Zum ersten Mal nach 6 Monaten setzte ich mich wieder ans Steuer eines Autos. Und fuhr zum ersten Mal in Frankreich. Ich war wirklich höchst überrascht, wie unumständlich und automatisch das noch funktionierte. Hatte ich mir doch irgendein skandalöses Spektakel ausgemalt ;-)

 

Am Sonntag, übrigens Frühlingsbeginn, fuhren wir frühmorgens gleich wieder nach Caen, um in die Palmsonntags-Messe zu gehen, und anschließend am Markt so allerhand Essbares zu probieren. Gestärkt gab’s sodann eine informelle Stadtführung mit Abbaye aux Dames, Abbaye aux Hommes, Altstadt, St Pierre etc. Den Abschluss unseres Tages bildete ein Konzert eines englischen Chores und des lokalen Uni-Chores mit Orgelbegleitung.

 

Von Montag bis Mittwoch arbeitete ich ganztags, weil am Mittwoch unsere lang geplante, riesengroße Ferialjob-Messe stattfand, bei der jede helfende Hand gebraucht wurde. So machte sich meine Familie auf eigene Faust auf den Weg, die Gegend rund um Caen zu erkunden: Bayeux mitsamt der Tapisserie, Mémorial Museum in Caen und die Landungsstrände entlang der Nordküste der Normandie.

 

Weil meine Brüder donnerstags beschlossen hatten, den Tag lieber zu Hause zu verbringen, machten Mama, Papa und ich zu dritt eine kleine Wanderung in der Suisse Normande, der Normannischen Schweiz. Warum der Name? Weil dort zur Abwechslung mal ein paar größere Hügel vorzufinden sind. Und so konnten wir auch an vielen Stellen unserer Rundtour die elegant über unseren Köpfen fliegenden Paragleiter beobachten.

 

Frühmorgens machten wir uns am Freitag mit dem Auto auf in Richtung Westen, um die Touristenattraktion schlechthin zu besichtigen: den Mont Saint Michel. Es handelt sich hierbei um ein nun schon fast 1000-jähriges Kloster und eine enorm enge Stadt rundherum, welche auf einer winzigen Insel gebaut sind. Das wäre ja noch gar nicht ganz so spektakulär, würden nicht noch der Mond und die Landschaft das gewisse Extra dazu beitragen: Der sandige Meeresgrund ist an dieser Stelle so flach, dass sich das Meer bei Ebbe kilometerweit zurückzieht. Gleichfalls strömt das Wasser bei aufkommender Flut natürlich auch wieder zurück – und zwar in Windeseile. Dieses Spektakel hat im Laufe der Geschichte schon vielen Menschen das Leben gekostet, da sie auf ihrem Weg zum oder weg von der Pilgerstätte Mont St Michel im Treibsand versanken und sodann schlicht und einfach in der Flut ertranken. (Hierzu hab ich in der Süddeutschen Zeitung einen kleinen Tipp gefunden: Wandern in Gezeitenzonen, vor allem der Bucht vom Mont-St-Michel, kann brenzlig werden, wenn Sie jäh in Treibsand festhängen. Sie sinken zwar kaum bis über den Nabel ein, wenn aber die Flut schon flott herankommt, dann müssten Sie schon über sechs Stunden tauchen, um da heil herauszukommen. Geführte Wattwanderungen sind sicherer!)

 

Nach dieser Besichtigungstour fuhren wir dann nach St Malo, eine großteils gar nicht mal so besondere Industriestadt, die allerdings eine historisch sehr interessante Festung besitzt: Im Zweiten Weltkrieg wurde sie von den Alliierten fast vollständig zerstört, weil sich der in der Festung verschanzte deutsche Kommandant weigerte zu kapitulieren. Danach wurde sie aber ziemlich detailgetreu in der alten Weise wieder aufgebaut. Heute ist St Malo eine der von Touristen meistbesichtigten Städte Frankreichs.

 

Und ein kleines Detail muss hier noch angemerkt werden: Als Papa und ich uns in der Touristeninfo erkundigten, was wir in St Malo denn unbedingt auf die Schnelle besichtigen müssten, fragte uns die Frau am Schalter für die Statistiken doch wirklich, aus welcher Region Frankreichs wir denn kämen. Als ich stutzte, kurz überlegen musste und ihr dann stolz verkündete, dass wir aus Österreich kommen, machte sie aber wirklich ein ziemlich

verdutztes Gesicht und wünschte und fröhlich noch einen schönen Tag. Voilà: Challenge accomplished ;-)

 

Das Osterwochende gingen wir dann ziemlich gemütlich an, kochten fleißig im Haus, lasen Zeitschriften, lernten bissl für Manuels bevorstehende Schularbeiten und die Burschen erfreuten sich am kräftigen Wind zum Drachensteigen. Für die Ostermette fuhren wir ins nahegelegene Evrecy und versuchten eifrig, so viel wie möglich der französischen Liturgie zu verstehen. Den Sonntagnachmittag verbrachten wir dann noch am Meer (Michael entschloss sich für ein Extraprogramm und sammelte kiloweise Plastikmüll am Strand und

badete dann sogar noch tapfer in den ziemlich kalten Atlantikfluten; Manuel zeichnete riesige echt tolle Comicfiguren in den Sand) und gönnten uns zum krönenden Abschluss noch leckere Crêpes am Straßenrand.

 

Am Montag wurde dann nur mehr gepackt und die vier Lieben machten sich wieder auf Richtung normaler Alltag bzw Sprachwoche in Malta ;-)

 

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