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46. Normandie-Wochenende mit Freunden

Ja, es ist möglich, dass der Fahrer von der Mitfahrgelegenheit 2 Stunden Verspätung hat! Er konnte allerdings selbst nichts dafür, denn es war wirklich ziemlich zacher Verkehr an diesem Tag. Warum? Tja, langes Maiwochenende mit strahlendem Sonnenschein in Richtung Meer. Hm…. ;-)

 

Wir befanden uns alsbald dann auch am besagten Weg der Sonnenanbeter. Wir, das sind meine französische Freundin Alice und ich. Alices Patentante Véro, bei der wir die nächsten beiden Nächte verbringen sollten, wohnt nämlich in Granville, einem netten kleinen Dörfchen am Meer. Dort angekommen fühlte ich mich wirklich wie im Paradies. Blühende Bäume und Blumen, eine sanfte salzige Brise, ein freundlicher Hund im Garten und Jogamatten im Gras. Sobald schnappten wir auch den Hund und machten uns gemeinsam mit Véro auf zum Meer. Hm, die wunderbare Sonne, auf die wir so sehnsüchtig gewartet hatten, habe ich an diesem wolkenlosen Nachmittag scheinbar unterschätzt – denn als ich am Abend meine Schultern sah, waren die dezent rot… Unser Abendessen war übrigens ein

genialer Salat geziert mit Gartenblumenblüten in allen denkbaren Farben! ;-)

 

Den Freitag begannen wir mit einer privaten Joga-Stunde bei morgendlichem Sonnenschein im saftigen Gras. Denn Véro ist passionierte Jogalehrerin, die schon mehrfach Reisen nach Indien unternommen hat und wirklich voll und ganz in dieser Materie aufgeht. Danach erhielt Alice noch einige letzte Reisetipps, da sie nämlich in der Woche danach nach Indien

aufbrach um dort einen Erasmus-Freund zu besuchen und das Land ein bisschen zu erkunden.

Nach einem ausgiebigen Brunch genossen Alice und ich abermals einen laaaaaaangen Strandspaziergang, den wir mit einem leckeren Eis unterbrachen. Und wer glaubt, dass wir an diesem Tag den gleichen Meeresblick als am Vortag hatten, der irrt gewaltig. Denn wo am Donnerstag noch fröhliche Fischchen plantschten war am Freitag – nichts. Wir unwissende Stadtmädchen hatten uns am Hinweg zwar schon über die uns entgegenkommenden nassen Traktoren gewundert, doch nicht kapiert, von wo die kamen. Und plötzlich sahen wir es: Aus dem Meer. Wie? Ja, denn normalerweise im tiefen Wasser unentdeckt werden dort Austern und Miesmuscheln gezüchtet. Und an diesem Freitag war eine besonders tiefe Ebbe, wodurch die Austernbänke frei zugänglich waren und die Züchter mit Gummistiefeln reihenweise mit großen Traktoren Muscheln ernteten. Man nennt diesen Vorgang übrigens wirklich Muschelernte – wusste ich auch bis heute nicht ;-)

 

Die nächste Überraschung erwartete uns dann am Heimweg: Den konnten wir nämlich nicht so antreten wie erhofft. Warum denn das schon wieder? Tja, in diesem Fall wars die Flut :D Denn diese überschwemmte kurzerhand die Straße zwischen Düne und Dorf. Da standen wir also mit den Füßen schon fast im Wasser. Allein waren wir nicht, nein, dieses Spektakel des ansteigenden Wassers zog massenhaft schaulustige Touristen vom nahen Campingplatz an. Und nein, wir konnten nicht einfach so durch das Wasser waten. Denn das Meerwasser wurde mit enormer Kraft unter der kleinen Brücke heraufgedrückt und bildete somit richtig gefährliche Strudel. Da wir beide uns nicht auskannten, fragten wir zwar bei den anderen

Leuten nach, ob wir die Passage wagen könnten, wurden aber mit einem klaren Nein aufgeklärt. Okay. Was nun? Es gab sehrwohl eine andere befestigte Straße, allerdings machte die einen riesen Umweg von mehreren Kilometern für uns, und wir waren zu Fuß unterwegs. Aber das es ja immer eine Lösung gibt hielt ich beim ersten vorbeifahrenden Auto den Daumen raus und drei Sekunden später wurden wir schon von einem netten Urlauber nach Granville mitgenommen. Hihi, das sind eben Erfahrungen, die ich in Österreich ohne Meer nur schwer machen kann ;-)

 

Langärmelig, mit Pailletten, tiefschwarz, mit V-Ausschnitt, trägerlos, mit Hermelinfell, mit Tigerprint, mit ernormer Schleppe, für den Alltag gedacht, mit passendem Mantel, mit Beinschlitz, rückenfrei, für den Galaabend – träumen erlaubt im Musée de Dior in Granville. Eine Vielzahl an ehemals getragenen Designerkleidern wird dort jeweils mit Erwähnung von Trägerin und Anlass in Christian Diors Kindheitshaus der Öffentlichkeit präsentiert. Also

anzuschauen sind die Kleider ja schon toll, allerdings hätte ich mir persönlich kein einziges gefunden, dass ich selbst tragen würde! Danach stand dann noch ein elegantes Flanieren durch den Rosengarten am Programm, wo wir auch so manches Parfum mit jeweils passender Geschichte und Malerei präsentiert bekamen.

 

Nachmittag und Abend wurden dann – nach einer etwas chaotischen Busfahrt – ziemlich musikalisch. Denn in Coutances fand das weitbekannte Jazzfestival „Jazz sous les pommiers“ (Jazz unter den Apfelbäumen; Apfelbäume weil die eines der Markenzeichen der Normandie sind) statt. Das Festival, welches mich sehr ans Linzer Pflasterspektakel erinnerte, war wirklich äußerst gemütlich und unkompliziert, mit kleinen Bühnen im ganzen Stadtzentrum. Die Künstler reichten von lokalen Singvereinen über internationale Zirkusartisten und regionale Musikschulgruppen bis hin zu bekannteren Jazzinterpreten und DJs. Das Programm wurde mit einer Vielfalt an Essenstandeln für alle Geschmäcker und

einigen kleinen Animationen abgerundet. Wirklich ein netter Tag, an dem ich übrigens auch Tobias, einen anderen österreichischen EFDler aus der Gegend, und Liva, meine lettische EFD-Freundin, sowie Alices ganze Familie getroffen hab, weil Marie, Alices Schwester, nämlich selbst einen Auftritt mit ihrer Gruppe hatte. Heimgefahren bin ich dann auch mit Alices Familie, bei der ich auch noch den Sonntag in Bayeux verbracht habe.

 

Danke für dieses schöne, entspannende, überraschungsreiche, merk-würdige Wochenende und den warmherzigen Empfang bei mehreren gastfreundlichen Leuten!

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