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Tanz in den Dezember!

Es war schon Abend, als wir uns am letzten Novembertag am Bahnhof trafen. Mit Schlafsack im Gepäck, doch die sonst obligatorischen Wanderschuhe machten diesmal den Tanzschuhen Platz. Wir fuhren nämlich nach Varėna, eine Stadt etwa 100km weit weg von Vilnius, um dort zu tanzen. Wie so oft  wusste ich wiedermal gar nicht, was ich erwarten sollte. Ich war von Mantas eingeladen worden und alle Info die ich hatte: Wir werden im Zug tanzen und in Varėna die ganze Nacht durchtanzen, nimm Tanzschuhe, Schlafsack und Essen mit!

 

Kaum hatte der Schaffner unsere Tickets kontrolliert und war im nächsten Wagon verschwunden, packte Tomas sein Akkordeon aus. Anfangs spielten und tanzten wir noch etwas zögerlich, verhalten. Wie würden denn die Leute im Wagon reagieren? Als wir aber mehr und mehr lächelnde Gesichter vernahmen und unsere Mitreisenden sogar beim verdutzten Schaffner ein gutes Wort für uns einlegten, tauten wir auf und hatten sichtlich Spaß an unserem Unternehmen. Das Ruckeln, Beschleunigen und Bremsen des Zuges machte das Tanzen zwar nicht leichter, aber lustiger. Und so sind die eineinhalb Stunden Fahrt wie im Flug – ich meine, wie im Tanz – vergangen.

 

In Varėna war der Tanzsaal schon fleißig am Beben. Die Tanzenden hüpften, stolzierten und wirbelten im Kreise. Mehr und mehr Leute mischten sich in die Menge und kaum hatte ich mich auf die Bühne begeben, war ich auch schon aufgefordert. So viele neue Leute und neue Tänze, da musste ich wieder viel lernen! Doch auch in Varėna bestätigte sich meine Erfahrung aus dem Tanzverein in Vilnius: Selbst ohne Litauisch zu können und ohne die Tänze zu kennen war ich herzlich willkommen!

 

 

Um zwei Uhr nachts fielen mir die Augen zu. Zwar war die Tanznacht war noch lange nicht zu Ende, doch ich hätte beim Tanzen einschlafen können. Nach sechs Stunden tanzen war es mir plötzlich genug. Gott sei Dank hatte im Gemeinschaftsraum schon ein Sofa ergattert und meinen Schlafsack ausgerollt und selbst die durch das Gebäude schallende Tanzmusik konnte mich nicht mehr vom Schlummern abhalten. Bis morgens um 8 die Hausmeisterin kam und uns freundlich nach Hause schickte.