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The Hill of Crosses

 

Zwei Gründe hatten Patricija und ich, eines eisigen Dezembertages nach Siauliai aufzubrechen: Erstens wollten wir den Hill of Crosses besichtigen und zweitens musste es spätestens jetzt sein, bevor Patricijas Auslandssemester zu Ende ging. Wir brachen also morgens auf und erreichten mittags den vielbesagten Hügel mit den unzähligen Kreuzen. Gehört hatten wir schon einiges über die besondere Stätte und ihre Bedeutung in der litauischen Geschichte. Der Hill of Crosses ist für die litauische Bevölkerung nämlich in gewisser Weise ein Symbol des Widerstandes. Ein Symbol des christlichen Glaubens und ein Symbol gegen die Unterdrückung durch diverse Besatzungsmächte.

 

Schon seit dem 14. Jahrhundert werden auf dem bescheidenen Hügel Kreuze aufgestellt. Doch dies gefiel bei Weitem nicht allen. Und daher wurde der Hügel mehrere Male (beispielsweise in den Jahren 1961, 1973 und 1975) geräumt, die Kreuze verbrannt, das Metall weiterverarbeitet, der Hügel mit Müll überhäuft. Aber, so wurde es uns gesagt, nach jeder Räumungsaktion waren im Nu noch mehr Kreuze als davor wieder aufgestellt. So leicht gaben die Litauer eben nicht auf.

 

Die Gründe, warum Menschen dort Kreuze aufstellten und aufstellen mögen sehr verschieden sein. Ob die Kreuze nun als religiöses Zeichen, als Ausdruck der Dankbarkeit oder Bitte, als Akt des Widerstandes oder als touristische Attraktion fungieren, ist inzwischen wahrscheinlich nicht mehr klar differenzierbar. Und auch die Formen und Farben der Kreuze sind wahnsinnig vielfältig. Von riesigen Holzkreuzen mit langen Botschaften über selbstgebastelte Schraubenzieher-Kreuze bis hin zu kleinen, schillernden Taizé-Kettchen ist alles dabei. Ich fand es also richtig aufregend, in der Eiseskälte durch den Wald aus Kreuzen zu wandern und außergewöhnliche Fundstücke aufzustöbern. Ja, jetzt verstehen wir, warum es uns Austauschstudierenden so sehr ans Herz gelegt wurde, dem Hill of Crosses einen Besuch abzustatten.